37. Jahrestagung der Gesellschaft für Neuropsychologie
Ort: Marburg
Vom 08.09-10.09. fand die 37. GNP Jahrestagung in der hessischen Universitätsstadt Marburg statt. Rund 300 Neuropsychologie-Begeisterte und Interessierte folgten der Einladung der Tagungspräsidenten Prof. Dr. Martin Peper und Prof. Dr. Dominik Endres zu einem breit gefächerten fachlichen Austausch vor schöner spätsommerlicher Stadtkulisse. Alle Teilnehmenden genossen nach zwei pandemiebedingt virtuellen Jahrestagungen die Freude an der persönlichen Begegnung, der auch die Maskenpflicht im Innenraum keinen Abbruch tat.
Das Angebot an Vorträgen, Workshops und Themen der Industrieausstellung war vielfältig. Hochkarätige Key Lectures von Prof. Marom (On the Possible– Impossible Dialogue between Psychology and Neurophysiology), Prof. C. Büchel (How Expectations and their Violations Shape Perception), und Prof. Dr. Musslick (Computational Dilemmas in Neural Systems: Principles and Clinical Implications) füllten das Tagungsmotto Modellbildung in der Neuropsychologie mit Leben, verbanden Grundlagen der Technik und der Neurowissenschaften auf anschauliche und anregende Weise mit dem Feld der klinischen Anwendungen. Auf großes Interesse stieß auch die Führung durch das VR Labor des Fachbereichs Psychologie am Samstagnachmittag.
Einen kleinen Gänsehaut-Effekt brachten die von Prof. Martin Peper in seiner Eröffnungsrede gezogenen historische Parallelen zwischen 1922 und 2022 (Stichwort Weltwirtschaftskrise, Nahrungs- und Heizmittelknappheit und die spanische Grippe als größte Pandemie aller Zeiten). Er verdeutlichte, dass die aktuelle Phase des Umbruchs und Wertewandels auch die Neuropsychologie beschäftigt. Es gilt, ganzheitliches Denken (wie schon vor rund 100 Jahren von den unseren Gold-Gelbstein-Preis prägenden Persönlichkeiten Adhémar Maximilian Gelb und Kurt Goldstein postuliert) mit aktuellen Techniken (z.B. computationale Modelle der Hirnfunktionen) zu kombinieren – und Antworten auf heilkundliche wie außerhalb der heilkundlichen Neuropsychologie liegende gesellschaftliche Fragestellungen zu finden.
Ganz ohne Digitalisierung ging es auch bei der Präsenztagung 2022 nicht. Sie ermöglichte, dass die Präsidentin der Hessischen Landeskammer ihren Blick auf die Entwicklung des neuropsychologischen Fachgebietes den Kongressteilnehmenden zwar terminbedingt nicht live, aber doch sehr persönlich vermitteln konnte.
Die Reform der Psychotherapie-Ausbildung und mit ihr auch die Reform der neuropsychologischen Weiterbildung als Neuropsychologische Psychotherapie war ein zentrales Thema, das in den verschiedenen Gremien und Informationsveranstaltungen der GNP diskutiert wurde. Es bestand Konsens, dass eine Fortsetzung der bisherigen GNP-Weiterbildung bis mindestens 2032 genug Raum bietet, das erreichte Maß an Versorgung nicht zu gefährden und zugleich mit dem fachlichen Nachwuchs neue Perspektiven zu erarbeiten.
Dazu passend wurde bereits die Jahrestagung 2023 vom 31.08.2023-02.09.2023 in Berlin angekündigt, in der u.a. das 30-jährige Bestehen des GNP Curriculums gefeiert werden soll.